Montag, 24. August 2015

Rob-Interview mit der Wolfsburger Allgemeine

Herr Pattinson, normalerweise werden Sie von Promi-Fotografen gejagt. Wie fühlt es sich an, in Ihrem neuen Film "Life" einen Fotografen zu spielen, der umgekehrt hinter Stars her ist?
Ich spiele den ganz jungen Magnum-Fotografen Dennis Stock, der auf den ebenso jungen James Dean aufmerksam wird, bevor dieser zur Ikone wird – nicht zuletzt durch die Aufnahmen von Stock, auf denen ein missmutiger James Dean mit Zigarette im Mundwinkel auf dem verregneten Times Square zu sehen ist. Stock hätte Sie sicher gehasst, wenn Sie ihn einen Paparazzo genannt hätten. Er verstand sich als Künstler, setzte alles daran, als solcher wahrgenommen zu werden. Und so sehe ich ihn auch.
Okay, in den Fünfzigern waren die Zeiten auch noch gemütlicher. Wie würden Sie reagieren, wenn sich Ihnen heute jemand nähert und sagt: "Hey, Robert, ich will ein paar Fotos von dir machen" – so wie es Stock mit Dean tat?
Das wäre unmöglich. Da würde ich glatt auf die Idee kommen, dass ein Psychopath hinter mir her ist. Aber damals war das anders: Es gab keine Handys und keine Amateurknipser, nur professionelle Fotografen – und die mussten dann noch ein Magazin finden, das ihre Bilder publiziert. Heute wird das Internet mit Smartphone-Bildchen überschwemmt.
Wie kommen Sie mit den allgegenwärtigen Handy-Fotos klar?
Viel hängt von meiner Laune ab. Wenn ich gut drauf bin, ist alles okay. Wenn nicht, fühle ich mich belästigt. Man muss auch aufpassen, dass man nicht komisch wird und sich verfolgt fühlt: Irgendwann glaubst du, dass auch Leute von dir Bilder schießen wollen, die viel Besseres mit ihrem Tag vorhaben.
Haben Sie den "Twilight"-Medienhype mit Anfang 20 gut verkraftet?
Die meiste Zeit war ich ja damit beschäftigt, mich zu verstecken. Du befindest dich in einem Schockzustand. Du kriegst gar nicht recht mit, was alles um dich herum vorgeht. In gewisser Weise wurde meine persönliche Entwicklung gestoppt. Das war seltsam: Eben war ich noch 22, plötzlich war ich zwei, drei Jahre älter. Ich habe ja auch die ganze Zeit gearbeitet, viel gedreht in dieser Zeit. Das war Wahnsinn. Meine erste richtige Pause hatte ich nach dem letzten "Twilight"-Film.
Aber jetzt ist es ruhiger? Mit dem Vollbart, den Sie momentan tragen, erkennt Sie sowieso niemand.
Stimmt, ich gehe inzwischen auch wieder in einen Supermarkt, ohne mich umzuschauen. Ich habe glücklicherweise Selbstvertrauen gewonnen. Aber vorsichtig bin ich immer noch: Man will ja kein Foto in der Öffentlichkeit, auf dem man betrunken ist oder so.
Glauben Sie, dass Sie das Image als Teenie-Schwarm inzwischen abgeschüttelt haben?
Das eigentliche Problem war: Du wirst nach seltsamen Kriterien bemessen, wenn du an gigantisch teuren Filmen beteiligt bist, auf denen so viel Druck lastet. Die entscheidende Frage dabei ist immer: Wie viele Millionen spielen diese Filme ein? Das ist doch lächerlich! Man muss aufpassen, nicht in dieser Welt stecken zu bleiben.
Sie haben bestimmt so viel Geld verdient, dass Sie sich aus dieser Welt zurückziehen könnten. Warum tun Sie das nicht?
So viel Geld ist es sicher nicht, aber wissen Sie: Darüber denkt man auch nicht wirklich nach. Geld ist nicht das oberste Ziel eines jungen Schauspielers. Und genug Geld zu haben ist kein Grund aufzuhören.
Was ist Ihr Ziel?
Schwer zu sagen. Erst langsam kristallisiert sich ein Weg heraus, auch bei meiner Filmauswahl. In der „Twilight“-Ära habe ich gewissermaßen immer wieder auf den Reset-Knopf gedrückt, und dann kam der nächste Film.
Wie ging es weiter?
Ich habe vorsichtige Schritte in die Realität unternommen. Ich habe immer versucht, strikt zu unterscheiden: Da war die Figur, die ich in den Filmen spielte, und hier war mein wirkliches Leben, gänzlich unabhängig davon.
Und heute?
Jetzt versuche ich, persönlichere Filme zu machen, die mehr mit mir zu tun haben und über die ich eine größere Kontrolle habe. Ich drehe mit Autorenfilmern wie David Cronenberg oder wie jetzt mit Anton Corbijn.
Was ist bei denen anders?
Sie beschützen einen. Sie lassen sich nicht von außen dirigieren – anders als ein Regisseur, der im Auftrag eines großen Studios arbeitet. Wenn es wirklich darauf ankommt, dann kommt ein Anruf von höherer Stelle, und dann ist es nicht mehr der Film des Regisseurs, sondern der des Studios.
Und jetzt öffnen Sie Ihrerseits die Türen für Filmemacher: Cronenberg sagt, dass Ihr Name auf dem Plakat seinen Film "Cosmopolis" erst finanzierbar gemacht hat.
Na, ich hoffe mal, dass die Regisseure mich nicht nur buchen, damit sich ihre Filme finanzieren lassen. Und ich übernehme ja auch ganz kleine Rollen, zum Beispiel in Werner Herzogs „Königin der Wüste“ als Lawrence von Arabien. Ich glaube aber sowieso nicht, dass heute noch irgendein Schauspieler garantieren kann, dass sein Name das Publikum in Scharen ins Kino zieht. Diese Zeiten sind vorbei. Mit ganz wenigen Ausnahmen. Eine davon heißt Brad Pitt.
Vieles, was Sie erzählen, klingt bitter: Würden Sie jungen Leuten überhaupt wünschen, so einen Erfolg zu haben wie Sie mit "Twilight"?
Moment, es war auch eine tolle Zeit! "Twilight" war eine ganz besondere Sache, schon wegen der begeisterten Fans. Jungen Schauspielern aber würde ich raten, sich nicht überwältigen zu lassen. Sie sollten aufpassen, sich ein gesundes Verhältnis zur Wirklichkeit zu bewahren. Sonst kann man leicht abdriften – und das kriegt man dann womöglich erst viel später mit. Also: Passt gut auf euch auf!
Interview von Sascha Stosch, waz-online.de