Sonntag, 1. Juni 2014

Es geht doch..

Neben einer tollen Zusammenfassung und Bewertung zu 'Clouds of Sils Maria' gibt es nun endlich auch mal eine positive und anerkennende deutsche (!) Pressekritik zu Kristen's schauspielerischer Leistung. Mit diesen Worten fallen für alle Kristen Fans sicherlich Ostern, Geburtstag und Weihnachten auf einen Tag! ;)


Arte
In Sils Maria stellt Olivier Assayas einmal mehr sein meisterhaftes Können unter Beweis. Mit fast verstörendem Geschick verknüpft er elegante Inszenierung, Tiefgang und intelligente Inhalte auf verschiedenen Sinnebenen, die den Film bereichern und mit jedem Ansehen fesselnder machen. Selbst bei seinen historischen Projekten wie dem im 19. Jahrhundert angesiedelten Film Les Destinées sentimentales und Carlos – Der Schakal über die Revolution in Venezuela gilt das wahre Interesse des Regisseurs stets der Jetztzeit, die er ebenso wissend wie kritisch beleuchtet. Sils Maria macht da keine Ausnahme. In drei Kapiteln zeichnet Assayas das Porträt einer Schauspielerin an einem Wendepunkt ihres Lebens, und erzählt die Geschichte dreier Frauen aus verschiedenen Welten, die die Schauspielerei vereint: Die große Aktrice, ihre Assistentin und das junge It‑Girl aus Hollywood, die dem Film einen ganz eigenen Glanz verleihen. In mehrfachen Spiegelungen stellt Olivier Assayas in Sils Maria subtile Verbindungen zwischen den Proben zum Stück und dem zwischen Komplizenschaft, Abhängigkeit und Dominanz schwankenden Arbeitsverhältnis von Maria (Juliette Binoche) und ihrer Assistentin Valentine (Kirsten Stewart) her. Es ist die Geschichte einer Schauspielerin, die nach dem Tod ihres Mentors noch einmal in demselben Stück mitspielt, das ihr zwanzig Jahre zuvor den Durchbruch bescherte – doch dieses Mal in der Rolle der reifen Frau. Die Anspielung auf André Téchinés Rendez-vous, die Geschichte einer jungen Schauspielerin, durch die Juliette Binoche berühmt wurde, ist unverkennbar – das Drehbuch stammte übrigens von niemand anderem als Olivier Assayas.

Der Regisseur taucht in die Welten des Theaters und des Kinos ein und filmt das Aufeinanderprallen zweier so unterschiedlicher Universen wie der klassischen Kultur – einer gewissen europäischen intellektuellen Raffinesse, repräsentiert durch den Ferienort Sils Maria im schweizerischen Engadin, den Marcel Proust, Friedrich Nietzsche und Thomas Mann besuchten – und den modernen Medien samt der Vergnügungsindustrie. Letztere durchdringen unseren Alltag immer tiefer und aggressiver mittels viraler Bildverbreitung und Internet, wodurch eine neue (falsche) Nähe zwischen Personen des öffentlichen Lebens (Schauspielerinnen, Stars, all jene, die als „People“ bekannt sind) und dem von dieser vergifteten Informationsflut regelrecht berauschten normalen Zuschauer entsteht.

Unsere Welt wird immer stärker von sozialen Netzwerken, Google, IMDB, Blogs, Skype und Revolverblättern beherrscht, die der Film von der ersten Szene an bis zum Überdruss zitiert, instrumentalisiert und kommentiert, und die den „Künstler“ und seine Aura neu definieren. Olivier Assayas versteht sich ebenso auf Stil wie auf Moral: Schnelle Ausführung, Geschmack für Hybrides und ständig neue Ideen in der Inszenierung gehen mit einer unerschütterlichen Hellsichtigkeit einher. Der Zuschauer ist in Sils Maria Teil des Films, solange er ihn betrachtet. Das dialektische Verhältnis zwischen Theater und Film, Privatleben und Öffentlichkeit, Antonioni und Bergman wird weder als theoretisch-belehrender erhobener Zeigefinger missbraucht noch zum nostalgischen Zick-Zack-Lauf zwischen Mankiewicz und Cukor, sodass der Film seine Brillanz, seinen Humor und seine Tiefe voll entfalten kann. Assayas schafft ein wunderbares „women picture“ mit drei begnadeten Schauspielerinnen, deren Gewandtheit und Talent unter seiner Anleitung und filmischen Regie fast teuflisch wirken. Juliette Binoche besticht in einer vielschichtigen Rolle und die 16‑jährige Chloë Moretz beeindruckt durch ihre Reifheit, während Kristen Stewarts (die Entdeckung in Sils Maria!) Verkörperung von Marias Assistentin Valentine von Anfang bis Ende einfach nur genial zu nennen ist. Diese moderne, agile junge Frau ist die wohl schönste und faszinierendste Figur des Films und ist dem Regisseur sichtlich ebenso ans Herz gewachsen wie dem Zuschauer.


*Thumbs Up* :)
via Arte