Dienstag, 3. Dezember 2019

Seberg - Rezension zum Kinofilm

In einer so kulturgetriebenen Stadt wie Berlin zu wohnen ist als Fan von Kristen Stewart und Robert Pattinson einfach wunderbar.. Fast alle Filme laufen hier immer auf irgendeinem Festival. 🙌 Zum einen bedeutet das meist, dass der Film dann vor offiziellem Kinostart gezeigt wird, und zum anderen dass es oftmals auch eine richtige Premiere gibt, zu denen hochkarätige Gäste eingeladen sind.

So hatte ich auch am Wochenende das Vergnügen mir auf dem "Around the World in 14 Films" Kristens neuestes Werk Seberg anzuschauen. Das Festival 'verfolge' ich schon seit vielen Jahren, denn es hat sich darauf spezialisiert, eine Art Best-Of der weltweiten Filmfestivals zusammenzustellen. Letztes Jahr war übrigens High Life einer der Topfilme :) Mittlerweile sind es zwar nicht mehr 14, sondern 28 Filme, aber im Gegensatz zum Berlinale-Programm, bei dem man eigentlich 3 Tage braucht, um es sich durchzulesen, ist das sehr überschaubar :D Außerdem kann man sich recht sicher sein, dass eigentlich immer sehr sehenswerte Filme mit dabei sind - Und sehenswert ist Seberg allemal! 



Da der Film seine Deutschlandpremiere feierte, hat es sich der Regisseur Benedict Andrews nicht nehmen lassen und war persönlich vor Ort, um den Film vorzustellen und im Anschluss auch noch an einem Q&A teilzunehmen. Überwiegend hat er bisher Theateraufführungen inszeniert und war wohl mehrere Jahre in Berlin (u.a. an der Schaubühne!), tätig, weshalb ich ihm sein "It's so special to be in Berlin" sogar abgekauft habe 😀

Benedict Andrews (rechts) redet gerade über den Casting-Prozess

Kommen wir kurz zur Handlung, zu der eigentlich nicht viel gesagt werden muss: 

Hollywood, 1960er Jahre. Die amerikanische Schauspielerin Jean Seberg, die vor allem in Frankreich durch mehrere 'Nouvelle Vague'-Filme zum absoluten Superstar aufgestiegen ist, beschließt nach vielen Jahren in Paris für ihre Karriere zurück nach Hollywood zu ziehen. Auf dem Flug nach LA macht sie Bekanntschaft mit der Black-Power-Party, einer sozialistischen Bewegung in den USA, die sich vor allem für mehr Rechte und Gleichberechtigung der Afro-Amerikaner*innen einsetzte. Fasziniert von deren Anliegen, entscheidet sich Seberg die Organisation mit Spendengeldern zu unterstützen und beginnt außerdem eine Affäre mit einen der Anführern, Hakim Jamal (gespielt von Anthony Mackie). Da die Black Panthers seit vielen Monaten unter Beobachtung durch das FBI stehen, bleiben auch Sebergs Verstrickungen nicht unbemerkt. Abhörungen, Beobachtungen und Aufdeckungen ihres Privatlebens werden Teil von Jeans Alltag. Unwissend und verunsichert wird Jean immer paranoider und sieht sich allmählich in Lebensgefahr. Doch die Spezialeinheit des FBI, greifen zu immer rabiateren und brutalen Methoden...


Selbstverständlich deutet schon der Titel des Films darauf hin, wer hier ganz klar im Mittelpunkt der Geschichte steht: Es ist Jean Seberg, deren Name zwar weltweit bekannt ist, doch deren letzten Jahre bisher kaum behandelt wurden, doch die es auf jeden Fall verdienen, erzählt zu werden! Nach dem Film empfehle ich, sich noch einmal genauer über Jean Seberg zu erkundigen. Natürlich ist man sich bei einem fiktionalen Biopic immer bewusst, dass nicht alles wirklich so passiert ist und dramaturgisch angepasst wurde und so ist es auch bei Seberg (zumindest nach dem Film) ziemlich offensichtlich, welche Charaktere nur erfunden wurden, um eine bestimmte Funktion zu erfüllen. Das wäre von mir eigentlich die größte Kritik am Film, denn einige Charaktere wirken ein wenig zu konstruiert. Aber dennoch verliert der Film trotz vieler Nebenfiguren und -handlungen seine Hauptfigur nie aus den Augen: Es geht um Jean Seberg und ich finde, Benedict Andrews setzt ihr ein würdiges Denkmal. 


Kristen ist einfach eine Top-Besetzung für diese Rolle. Wie der Regisseur im Q&A so schön beschrieben hat, hatte er von Anfang an die vielen Parallelen beider Schauspielerinnen erkannt und fand daher Kristen eine perfekte Wahl: Sie beide wurden mit sehr jungen Jahren zu weltweiten Superstars. Beide zeigten eine Vorliebe für französische Arthouse-Projekte und beide wurden ebenfalls 'Opfer' und regelmäßiges Thema in den Klatschblättern. Natürlich ist das, was Jean Seberg angetan wurde nochmal einige Stufen furchtbarer und zwischen Ereignissen liegen gut 50 Jahre, trotzdem war bzw. ist das Privatleben von Kristen noch immer ein sehr beliebtes Thema, auf dem gerne rumgereitet und - in bester Internetforen-Sprache - gehatet und gejudged wird... Aber zurück zum Film: Kristens Darstellung ist einfach nur toll! Der Zeit geschuldet sehen wir sie durchweg in wirklich wunderschönen Kostümen, die überwiegend aus bunten Kleidern, fancy Sonnenbrillen und einer immer topfrisierten Kurzhaarfrisur bestehen.

Da ist mir erstmal wieder aufgefallen, wie sehr ich Kristen in 'femininen' Outfits vermisse.. 😍 Doch natürlich kann Kristen noch weitaus mehr als nur toll aussehen. Sie zeigt eine unglaubliche Bandbreite an Emotionen, von verführerisch und selbstbewusst bei öffentlichen Auftritten oder Partys bis sehr verletzlich und zerbrechlich in den Szenen, in denen sie langsam den Verstand verliert. Durch die parallelen Erzählstränge von FBI und Jean haben wir als Zuschauer*in einen anderen Blick auf die Geschehnisse, doch trotzdem sind wir emotional ganz bei Jean. Die steigende Angst und Paranoia, die sich bei Jean breitmacht kann Kristen durch kleinste Gesten und Ausdrücke darstellen. Hier möchte ich besonders die allerletzte Einstellung im Film hervorheben (ohne zu spoilern), die sie in Nahaufnahme und ohne Schnitt zeigt und in der wir, nur anhand Kristens Gesicht so viel von ihren inneren Vorgängen ablesen können.. einfach großartig! 

Was mir außerdem sehr gefallen hat, war, dass Kristen ihrer Figur zwar viel eigenes gegeben hat, aber trotzdem einige schöne direkte Bezüge zu Jean gezogen wurde. Den meisten ist sie durch "Á bout de souffle" (Außer Atem) bekannt und so sehen wir in einer Szene, wie ein FBI-Agent sich aus "Recherchezwecke" den Film auf großer Leinwand ansieht. Anstatt der echten Seberg ist aber trotzdem Kristen zu sehen:

(Die Szene ist auch schon im Trailer, also ist es kein wirklicher Spoiler 😉)


Wie bereits in unserem Festivalbericht erläutert, hatte der Film schon einige Premieren auf sehr renommierten Festivals. Dafür hatte ich bereits einige Kritiken gelesen, die ja eher gemischt bis negativ waren. Da ich mich von Kritiken recht schnell beeinflussen lasse, hab ich im Vorfeld meine Erwartungen ein wenig runtergeschraubt, doch ich muss sagen, dass es doch ein ziemlich sehenswerter und spannender Film war. Ich finde, dass es Jean Seberg auf jeden Fall verdient hat, gesehen zu werden (wortwörtlich) und hoffe, dass der Film in Deutschland sein Publikum finden wird. Die 100 Minuten ziehen sich auch überhaupt nicht, denn durch den recht schnellen Einstieg in die Handlung und die klare Ausgangstellung für den Hauptkonflikt, wird die Handlung ziemlich kompakt erzählt und spitzt sich dennoch am Ende zu einem dramaturgischen Finale zu. Für alle, die ich jetzt richtig neugierig gemacht habe, gibt es hier schonmal einen ersten Vorgeschmack in Form des Trailers:



Im Übrigen habe ich es bis hierhin komplett gemieden den deutschen Verleihtitel zu nennen, denn ich hoffe sehnlichst, dass sich Prokino da noch was besseres einfallen lässt als den bisherigen Titel "Against All Enemies" (was ja mal der Arbeitstitel des Films war). Ja, natürlich geht es in weitester Hinsicht darum, dass Jean irgendwann niemandem mehr trauen kann und sie selbst im eigenen Freundeskreis 'Enemies' vermutet, doch "Against All Enemies" alleine deutet ja doch überwiegend auf einen Thriller hin... Spannung hin oder her, trotzdem ist es ja primär ein Film über Jean Sebergs Leben und auch wenn ihr Name in Deutschland vielleicht nicht super bekannt ist, sollte er in den Titel! Vielleicht wird es ja noch einen Beititel geben, ist ja immer wieder beliebt 😅. Ich sage nur "Camp X-Ray - Eine verbotene Liebe", "Equals - Euch gehört die Zukunft" oder "Lizzie Borden - Mord aus Verzweiflung". 

Vielmehr bleibt mir auch nicht mehr zu sagen, außer dass ich es sehr genossen habe, Kristen mal wieder auf der großen Leinwand zu sehen und dazu auch noch in einer so bedeutenden Rolle. Nicht nur freue ich mich auf kommende Filme mit Kristen, sondern ich habe direkt einige Filme mit Jean Seberg auf meine Watchlist gesetzt. Und wenn ein Film mein Interesse für neue Themen wecken kann, dann ist es in meinen Augen immer ein gelungener Film. 😊

Seberg startet am 26. März 2020 in den deutschen Kinos.